Artikel ID: 34           Kategorie: Sinnsuche und Spiritualität

Ähnlichkeiten zwischen Buchdruck und dem weltweiten Netz.

Das Jahr der Reformation ist geeignet, um Rückschau zu halten. Was ist da vor 500 Jahren passiert, das einen dreißig Jahre andauernden Krieg nach sich zog? Was war davor? Die Kirche bestimmte das Weltbild. Ausgehend von dem Weltbild des Ptolemäus ließ die Kirche kein eigenständiges Denken zu. Ptolemäus sah sowohl die Erde wie auch die anderen damals bekannten Planeten als lebendig an, mit einem direkten Einfluss auf die Menschen wie es heute der Mond immer noch tut. Nach diesem Denken war bis 1500 die Erde eine Scheibe und der Mittelpunkt, um den sich alles andere drehte. Alles wurde geregelt und Verstöße dagegen mit Buße, Ablass, Kerker, Folter bis hin zu Verbrennung auf dem Scheiterhaufen geahndet. Bis Kopernikus entdeckte, dass nicht die Erde, sondern die Sonne der Mittelpunkt der Welt ist. Er traute sich nicht das zu veröffentlichen. Es wurde erst nach seinem Tod bekannt. Galilei bestätigte seine Aussagen, fand noch einen Planeten mehr als die Kirche, und wurde dafür mit Hausarrest belegt. Erst als Columbus Amerika entdeckte war klar, die Erde ist rund und keine flache Scheibe. Vasco da Gama fand in die andere Richtung den Seeweg nach Indien und es erweiterte sich das Weltbild des Menschen. Nur ging das sehr langsam.

Wir müssen uns vorstellen, es gab keine Zeitung. Nachrichten tröpfelten den Menschen mehr durch Hörensagen zu, bis Guttenberg den Buchdruck erfand. Sein erster Auftrag bestand aus 17500 Ablassbriefen für die Stadt Santiago de Compostella. Ablass war das ganz große Geschäft und diente vornehmlich dazu den Petersdom zu bezahlen. Durch die Entdeckungen und die neue Weltsicht wurde die Kirche immer unglaubwürdiger. Die Menschen gerieten in große Zweifel auch dem Ablass gegenüber. Das Sprachrohr dieser Zweifel war Martin Luther, der mit seinen 95 Thesen diese Ausbeutung vornehmlich der kleinen Leute zu verhindern suchte, was der Kirche große Probleme machte. Ihr fehlten plötzlich Einnahmen. Die Unsicherheit der Menschen in Bezug auf das Weltbild und die Zweifel an allem, was bisher gültig war, mündete in Aggression und Wut vornehmlich der armen Landbevölkerung. Es gab Unruhen und Aufstände, die letztlich in einen dreißig Jahre andauernden Krieg mündeten.

Es war jedoch nicht nur der Ablass, das war nur der Auslöser. Es war die Behauptung Luthers, dass jeder Mensch direkten Kontakt zu Gott aufbauen könne, ohne einen Mittler wie Priester oder Heilige zu brauchen. Er gestand folglich jedem Menschen zu, ein Individuum zu sein und seinen eigenen Weg zur höchsten Kraft zu suchen. Das war die eigentliche Revolution, die die folgenden 500 Jahre bestimmte, wie wir heute sehen können. Bis dahin war der Mensch eher in die Gruppe eingebunden. Die Ziele der Gruppe waren wichtig, nicht so sehr der einzelne Mensch. Durch die Individualisierung änderte sich das. Der Mensch begann sich stärker als Einzelner wahrzunehmen, achtete mehr auf sein Befinden und lernte, sich in andere einzufühlen. Er wurde sich selbst gegenüber wichtiger und lernte immer mehr seine Bedürfnisse in den Vordergrund zu stellen. Es verstärkte sich durch die Aufklärung und Überzeugungen wie „nur der Stärkere überlebt“, oder „alle Gattungen sind im Wettstreit miteinander“. Sie beflügelten diese Egotripps. Wir hofieren inzwischen auch Reiche, die ihren Reichtum auf Kosten der Gruppe oder mit illegalen Mitteln erworben haben.

Schauen wir uns an, was es an Ähnlichkeiten gibt zu den Zuständen vor 500 Jahren. Die Erfindung des Buchdrucks ermöglichte jedem Menschen sich selbst eine Meinung zu bilden. Zugegeben, die ersten Zeitungen erschienen erst im 18. Jahrhundert und es dauerte lange, bis sich jedermann eine Zeitung leisten konnte. Sie war lange nur den Begüterten vorbehalten. Zudem dauerte es vor der Erfindung der Telegrafie oftmals Wochen, bis ein Ereignis aus Übersee in Europa publiziert wurde. Doch mit dem industriellen Wachstum wurde die Nachrichtenübermittlung immer schneller. Radio und Fernsehen beschleunigten sie und heute mündet es in eine ähnlich revolutionierende Erfindung wie damals der Buchdruck: das weltumspannende Netz des Internet.

Doch was vor 500 Jahren passierte, gilt auch heute. Durch diese Überfülle an Informationen ist der Mensch verunsichert und neigt zu Aggressionen. Er sucht oftmals nach klaren, einfachen Ansagen und Lösungen, die ihm die fehlende Sicherheit ersetzen. Ein besonderes Problem ergibt sich heute: Wir werden täglich bombardiert mit Nachrichten aus aller Welt. So wie früher sich das Interesse auf die Vermeidung von Schlechtem richtete, welches Buße, Ablass und Strafe zur Folge hatte, richtet es sich heute immer noch auf das Gleiche, auf Unglück, Katastrophen und Kriminalität. Sich davon nicht beeinflussen zu lassen, fällt schwer und macht Angst. Angst und Unsicherheit jedoch regen in gleichem Maße Aggressionen an wie damals.

Dazu kommt eine Veränderung des Weltbildes, die noch kaum wahrgenommen wird, aber durch das Netz sich immer mehr verbreitet und mir Hoffnung gibt.

„Was du säest, wirst du ernten“, heißt es schon in der Bibel. Nein, nicht ein Bauer ist damit angesprochen. Durch den Leistungssport und mentale Methoden haben wir entdeckt, dass wir immer schon Gedanken säen und Wirklichkeit ernten. Ich habe im blauen Buch beschrieben, wie ich mit Gedanken und Vorstellungen Höchstleistungen gebracht habe. Buddha sagt: „Was du denkst, das wirst du“.

In Bezug auf die heutige Weltsituation ist mir folgendes aufgefallen: Wenn wir uns auf das Schlechte ausrichten, wie wir das seit Jahrhunderten gemacht haben, immer das betonen, was wir gewiss nicht haben wollen, erzeugen wir es unbewusst neu. Es ist zum Lachen, dass wir dann auch noch mit allen Mitteln versuchen, die Probleme zu lösen, die wir selbst unbewusst verursacht haben. Wir zäumen das Pferd vom Schwanz auf, weil wir nicht wussten, was da mit dem Säen gemeint ist. Wir haben es in den 2000 Jahren nicht begriffen.

Doch jetzt haben wir das weltweite Netz, kurz www., und können uns informieren. Es gibt unendlich viele Texte, die das Gleiche aussagen: Es hilft etwas anderes zu säen, in Gedanken, in Worten, im Tun. Wir sollten unser Interesse auf das richten und das denken, was wir haben wollen, jeder für sich, um gemeinsam das Ganze zu verändern. Wie ich in meinen Büchern beschrieben habe, ist das leicht, wenn man weiß, wie wir funktionieren. Die einzige Einschränkung beim Säen von Gedanken ist: „Was du nicht willst, das andere dir tun, das tue du ihnen auch nicht“.

Die Erkenntnis, dass wir immer schon gemeinschaftlich unsere Realität gestalten, ist die wirklich große Veränderung, die ähnlich wie vor 500 Jahren eine ganz große Umwälzung in Gang setzen kann, und hoffentlich weniger kriegerisch abläuft als vor 500 Jahren.


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